Ein Lastenrad kaufen
Wer auf seinem Alltagsfahrrad etwas transportieren will, stößt schnell an Grenzen: Bei Kindern ist die Sache schnell klar, eins geht gut, zwei sind schon ganz schön wackelig, und drei Kinder zu transportieren geht gar nicht.
Auch bei Gepäckstücken ist der normale Gepäckträger schnell überfordert: Eine Kiste Wasser ist schon schwierig, sperrigere Gegenstände wie eine Gitarre, ein Koffer oder ein Kinderlaufrad sind kaum mitzukriegen.
Will man seinen Alltag ohne Auto bewältigen, wird schnell klar: es müssen bessere Transportmöglichkeiten her!
Im Folgenden beleuchte ich die verschiedenen Möglichkeiten:
Das normale Fahrrad aufrüsten
Größere, breitere Hinterradgepäckträger bieten die Möglichkeit, erheblich mehr zu transportieren. Dies ist meist einfach zu realisieren, die Träger passen an sehr viele Rahmen, Probleme sind am ehesten bei Rädern mit sehr niedrigem Rahmen zu erwarten.
Aus den Niederlanden gibt es zudem etliche Gepäckträgererweiterungen für bestimmte Zwecke, z.B. um hinter dem Kindersitz noch Packtaschen anbringen zu können oder für den Transport von Getränkekisten.
Vorderradgepäckträger gibt es in drei verschiedenen Varianten:
- mitlenkende Gepäckträger sind die einfachste Variante, werden unten auf der Vorderachse oder in Befestigungslöchern in der Nähe davon und oben an der Gabelbrücke angebracht, mit den gleichen Schrauben wie das Schutzblech.
Sie sind mit bis zu 10 Kg belastbar und verändern das Lenkverhalten erheblich. - Lowrider sind eine Sonderform des mitlenkenden Gepäckträgers: Es handelt sich hierbei um tief unten an der Gabel angebrachte Taschenhalter. Damit kann man gut zwei kleinere Packtaschen mitnehmen, darum sind Lowrider insbesondere bei Reiserädern verbreitet. Sie eignen sich aber auch sehr gut zur Mitnahme des alltäglichen Gepäcks, wenn der hintere Gepäckträger durch Kindersitze blockiert ist. Das Lenkverhalten wird nicht so stark beeinträchtigt, aber man muss auf gleichmäßige Gewichtsverteilung achten.
- starre Gepäckträger werden mit Schellen (oder bei speziell vorbereiteten Rahmen an vorhandenen Halterungen) am Rahmen angebracht. Hier gibt es seit einigen Jahren tolle Modelle, die sehr stabil sind und teilweise mit mehr als 20 Kg belastet werden können, aber sie können bei vielen modernen Rahmen nicht angebracht werden, da die Schellen nicht um das entsprechende Rohr herumpassen.
Kindersitze: Hinten kann man bei fast allen Rädern einen Kindersitz anbringen, vorn ist dies bei vielen modernen Fahrrädern nicht mehr möglich: diese Modelle brauchen etwa 3-4 cm freies Steuerrohr vorn, was bei niedrigeren Alurahmen oft nicht vorhanden ist.
Auch die mitlenkenden Modelle sind dann oft keine Option, da diese an eingesteckten Lenkervorbauten befestigt werden, die heute bei besseren Fahrrädern nicht mehr üblich sind.
Wer zwei Kindersitze montieren will, braucht also das dazu passende Fahrrad. Bei alten Stahlrahmen klappt das meistens, aber die Modelle mit tiefem Durchstieg sind oft zu weich, um dann noch sicher zu fahren.
Fahrradanhänger
Neben den Aufrüstungen für's normale Fahrrad sind Anhänger eine weitere sehr flexible Lösung für besondere Transportaufgaben:
Das Fahrrad bleibt zunächst "normal" , es braucht lediglich eine Anhängerkupplung und der Hänger ist mit einem Handgriff abgekoppelt.
Insbesondere beim Kindertransport kann ein Anhänger sehr viel praktischer sein als ein Lastenrad, weil so die Mutter die Kinder zur Kita bringen und der Vater sie später abholen kann. Der Anhänger bleibt bei den Kindern, die Erwachsenen fahren mit ihren normalen Rädern weiter. Mit einem Lastenrad zwingt man sich dann in eine erheblich kompliziertere Alltagssituation, muss immer alles im Voraus planen...
Die Technik:
Wie in fast allen Lebensbereichen gibt es auch bei Anhängern eher minderwertige, billige Modelle (im Bereich von € 50-200), die bei gelegentlichem Gebrauch gut sind, aber bei regelmäßiger Nutzung nerven. Und es gibt gute Modelle, die leicht und trotzdem robust sind, einfacher anzukuppeln und die vielleicht noch durchdachte Extras haben: Bei Transportanhängern kann dies zum Beispiel eine Deichsel sein, die man zum Ziehen von Hand umstecken kann, bei Kinderanhängern gibt es dann gute Federungen oder die Möglichkeit, sie schnell in einen Lastenanhänger umzuwandeln.
Zweirädrige Cargobikes
Gerade im Bereich der zweirädrigen Cargobikes gibt es in den letzten Jahren sehr viele innovative neue Modelle, und dies mit gutem Grund: ein zweirädriges Rad fährt sich viel leichter, angenehmer und schneller als ein Dreirad.
In den Städten sieht man deshalb gerade unter den Berufsradfahrern (Kuriere, Briefzusteller, mobile Fahrraddienste...) sehr viel mehr einspurige als mehrspurige Cargobikes.
In neuerer Zeit holen die Drei- und Vierräder wieder auf, gerade im Logistikbereich werden jetzt riesig große E-Cargobikes, teils mit Auflieger oder dreirädrigem Anhänger genutzt.
Es gibt drei Grundmodelle:
"Long John":
Die Ladefläche befindet sich zwischen Vorderrad und Fahrer*in, Vorteile: Niedriger Schwerpunkt, man hat die Ladung gut im Blick, Nachteile: relativ lang, Lenkmechanismus mit Gestänge neigt zu komischem Verhalten bei starkem Lenkeinschlag.
Bemerkenswerte Modelle:
- Bullitt von LarryvsHarry: Das gefühlt meistverkaufte, sehr schmal, leichter Alurahmen, sportliche Sitzposition
- Miami von BBF: Ein Bullitt-Nachbau
- Load von Riese&Müller: noch einer
- LongHarry von Pedalpower: sehr ähnlich, etwas länger
- Bakfiets mit dem schnittigen Regenverdeck
- Douze: für den Transport teilbar
- UrbanArrow: recht schweres, stets motorisiertes, dafür ziemlich ausgereiftes und sicheres Kindertransportrad
- Cabby von Gazelle: Hier kann man die Ladefläche "zusammenfalten", wodurch es sehr schmal wird. Eher aufrechte, gemütlichere Sitzposition
- Muli: Durch recht kleine Laufräder kaum länger als ein normales Fahrrad, wenn der Stellplatz knapp ist. Auch dies hat die seitlich einklappbare Ladefläche
- ein sehr spezielles Modell ist die leichte, einfach trennbare Libelle, deren vorderer Teil ein vollwertiger Kinderbuggy wird.
"Bäckerfahrrad":
Die Ladefläche befindet sich über dem Vorderrad, Vorteile: Sehr kurze, wendige Bauform, man hat die Ladung gut im Blick, Nachteile: Hoher Schwerpunkt ist gewöhnungsbedürftig, hohe Ladung versperrt die Sicht, längere Modelle haben auch Gestängelenkung.
Verbreitete Modelle:
- Filibus von Kemper
- Omnium
- Jaekel
"Longtail":
Nach hinten verlängertes, ansonsten normales Fahrrad, Vorteile: fährt mit normal großen Laufrädern auch abseits der Straße gut, ist relativ kurz und wendig, Nachteile: Es hat keine gerade, glatte Ladefläche, sondern viel Platz auf beiden Seiten neben dem Hinterrad und einen erheblich längeren Gepäckträger über dem Hinterrad.
Verbreitete Modelle:
- Yuba Mundo
- XtraCycle
- R&M MultiCharger
Dreirädrige Cargobikes
Dreiräder fahren sich ganz anders als die einspurigen, wenn man beides kennt, muss man schon gute Argumente haben, ein dreirädriges zu nehmen.
Ein solches könnte sein, dass man wirklich viel zu transportieren hat, also regelmäßig mehr als zwei Kinder oder die Handwerksausrüstung des mobilen Klempners. Aber dann zwingt einen nicht nur die Konstruktion des Rades, sondern auch das viele Gewicht der Ladung, ein Modell mit Motorunterstützung zu nehmen.
Wenn man darauf verzichten will, sollte man unbedingt eins der leichteren und leichter laufenden Modelle kaufen, ich empfehle dringend ausführliche Probefahrten (also nicht nur die Runde durch den großen Verkaufsraum) mit verschiedenen Modellen!
Ein gefährlicher Trugschluss ist an dieser Stelle, dass man für viel Geld auch tolle Technik erwarten kann: Wer für ein unmotorisiertes Dreirad € 1500 oder für ein elektrisches € 2500 ausgegeben hat, muss sich bewusst machen, dass bei einem solchen Preis an jeder möglichen Stelle gespart werden musste. Dann kommen diese Räder mit der billigsten Schaltung und lockeren Speichen daher und wiegen auch noch 5-10 kg mehr als die Mitbewerber!
Ich habe hier keinen guten Überblick über den Markt, möchte nur auf ein paar besondere Modelle verweisen:
- Das klassische Christiania Dreirad ist eins der wenigen Modelle mit großen Laufrädern auch vorn, was auf unebenem Untergrund das Fahrgefühl verbessert, zudem ist es relativ leicht;
- wenn nicht die ganze Kiste gelenkt wird, sondern nur die Vorderräder, verbessert dies das Lenkverhalten, z.B. beim Nihola. Leider wird dabei auch zwangsläufig die Kiste schmaler;
- ganz anderes Lenkverhalten bieten Räder mit Neigetechnik - diejenigen, die damit fahren, schwören drauf. Hier gilt: unbedingt intensiv probefahren, auf den ersten Metern fühlt es sich sehr speziell an! Eins der Topmodelle: Veleon.
Motorunterstützung
Ich möchte nicht überheblich klingen, mir fallen viele gute Gründe für E-Unterstützung ein: Berge, hohes Gewicht, weite Wege... - für mich brauche ich noch kein Motor-Rad und darum habe ich mich bislang nicht ausreichend intensiv damit beschäftigt.
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