Shimano Alfine 11-Gang-Nabenschaltung zerlegen, Fehler finden und wieder zusammenbauen
Die Nabe zerlegen
Vorbemerkung: Auf dieser Seite zeige ich, wie man die Shimano Alfine 11-Gangnabe zerlegt. Es handelt sich um ein Modell SG-S700 und ein anderes, meiner Ansicht nach baugleiches Modell CJ-S700 aus dem ersten Produktionsjahr. Diese Arbeit erfordert ein großes Maß an Vorwissen und technischem Verständnis, ich rate getriebetechnischen Laien dringend davon ab, dies nachzumachen.
Wer im Wesentlichen daran interessiert ist, eine Nabenschaltung von innen zu sehen, sollte mit einem einfachen Modell anfangen, welches man hinterher guten Gewissens in den Schrott werfen kann. Auch "einfache" Dreigangnaben sind erstaunlich komplex, und schon deren Funktion zu erschließen kann eine ganze Weile dauern!
Wer auf der Suche nach dem Fehler ist, möge sich bitte noch einmal klarmachen: nur in seltenen Fällen funktioniert eine Nabenschaltung nicht mehr, weil ihr Innenleben kaputt ist. Fast immer finden sich die Fehler außerhalb, das heißt bei der Schaltansteuerung.
In meinem Fall war es so, dass die eine Nabe, die ich hier zerlege, technisch voll in Ordnung war, lediglich die Positionierung der Schalteinstellhilfe stimmte nicht. Es reichte also aus, das Schaltseil so weit zu lockern, dass im 6. Gang die beiden gelben Striche zum Einstellen der Nabe gerade eben nicht mehr nebeneinander stehen. Seitdem funktioniert die Nabe wieder einwandfrei!
Neben schwergängigen Schaltzügen verursacht immer wieder gern der unsägliche Faltenbalg am Ende des Schaltzugs mehr Probleme als er zu lösen vermag: Wenn er sich um die Schaltansteuerung wickelt, weil er kaputt oder gelängt ist, sind Schaltprobleme in den schweren Gängen vorprogrammiert. Da er sowieso nicht das Eindringen von Feuchtigkeit in die Schaltzughülle vermeiden kann, empfehle ich ihn im Zweifelsfall wegzuschneiden.
Die Reparatur von Getriebenaben gehört nicht zu den von mir mit der RadAmbulanz angebotenen Arbeiten! Ich veröffentliche hier Bilder von der Reparatur meiner eigenen Naben, weil ich eine derartige Darstellung im Netz nicht gefunden habe.
Ich spare mir hier genauere Erläuterungen zur Funktionsweise der Nabe, eine wirklich gute Erklärung findet sich auf der Seite von Sheldon Brown
Die benötigten Werkzeuge
Bild 1: Zwei Konusschlüssel 15 und 17 mm.
Bild 2: Das Spezialwerkzeug TL-AF10 zur Demontage der großen Dichtungskappe hinter dem Ritzel.
Bild 3: Später wird das Spezialwerkzeug TL-S701 benötigt, um den rechten Konus abzuschlagen.
Eventuell reicht es aber schon, kurz vorher aufzuhören - bis zu diesem Punkt hat man schon sehr viel gesehen.
Weitere Werkzeuge: Messschieber, Schlitz-Schraubendreher 6mm und 3mm, Hammer, irgendeine Zange zum Greifen, Lupe
Los geht's:
Zur Vorbereitung wird das Rad ausgebaut und alle Muttern und Scheiben von der Achse abgenommen, die Schaltansteuerung und das Ritzel abgebaut und das Öl abgelassen. Eine äußerliche Reinigung ist auch empfohlen, die Innereien des Getriebes sind extrem schmutzempfindlich!
Bild 4: Hinter dem Ritzel befindet sich eine große Kunststoffkappe, die man von Hand abnehmen kann. Dahinter sitzt die eigentliche Dichtungskappe, die - mit Linksgewinde aufgeschraubt - mit dem großen Spezialschlüssel abgeschraubt wird.
Teil 1, von links:
Auf der linken Nabenseite die Gummi-Schutzkappe über der Bremsscheibenaufnahme bzw. die Bremsscheibe abnehmen, dann kann man die Kontermutter abdrehen und danach den Konus herausdrehen (siehe oben Bild 1).
Bild 5: ...und schon kann man das Getriebe aus der Nabenhülse herausnehmen.
Es empfiehlt sich, einen Lappen unterzulegen, es läuft immer noch Restöl aus der Nabe.
Für die weiteren Demontagearbeiten ist es sinnvoll, die Schaltansteuerung wieder zu montieren, man muss gelegentlich ein wenig hin- und herschalten, um alle Teile leicht herausnehmen zu können.
Wenn man auch versuchen möchte, die Funktion des Getriebes zu verstehen, ist auch die Montage des Ritzels sinnvoll, damit man an diesem drehen und die Effekte beobachten kann.
Bild 6: Mit einem Schraubendreher drückt man den Sprengring aus seiner Rille (Vorsicht, der fliegt weg!)
Bild 7: Unter dem Sprengring kommt die, ich nenne sie Planetenradträgerhaltescheibe, in deren kleiner viereckiger Öffnung zwei Federenden stecken sollten.
Bild 8: Nach dem Abnehmen dieser Scheibe kann man die dritte Getriebeeinheit abnehmen (Wir zählen von rechts, d.h. in diesen Bildern von unten nach oben: Getriebe 1 mit 2 Schaltmöglichkeiten, Getriebe 2 ist ein doppeltes mit 3 Möglichkeiten und Getriebe 3 bietet wieder 2 mögliche Gänge - 2*3*2=12, der Direktgang wird weggelassen, da er dem 5. sehr ähnlich ist)
Bild 9-1: Um die Führungsscheibe für Sonnenrad 3 zu entnehmen, muss man diese aus ihrer Vertiefung hochruckeln. Hier ist es sinnvoll, an der Schaltansteuerung so weit zu drehen, dass die Sperrklinke für Getriebe 3 sich aus dem Weg zieht. (Sonnenräder gibt es insgesamt vier, das vierte hängt -bereits abgenommen- in Getriebeeinheit 3. Getriebe 2 hat zwei Sonnenräder, also Nummer 2 und 3) Sobald man die Scheibe in der Hand hält, muss man sie etwas drehen, um ihre Nase weiter oben an der Achse durchfädeln zu können.
Bild 9-2: Jetzt kann man den Planetenradträger von Getriebe 2 (zusammen mit Sonnenrad 3) abnehmen. Auch hier muss man ein wenig an der Schaltansteuerung drehen, um sie an den Schaltsperrklinken auf der Achse vorbei zu bekommen.
Bild 10: Das gleiche gilt beim Abnehmen von Sonnenrad 2.
Bild 11: Getriebeblock 1 abnehmen.
Bild 12: Übrig bleibt die Achse mit dem Antreiber, auf dem das Ritzel sitzt. Oberhalb des Antreibers sitzt Sonnenrad 1, welches fest fixiert ist und im Normalfall nicht entfernt werden kann. Darunter befindet sich die Kupplung, ein lose wackelndes gezahntes Bauteil, die in den Gängen 1-6 das Getriebe 1 aktiviert.
Teil 2, von rechts:
Anmerkung: Diesen Teil kann man sich vielleicht auch sparen, das eigentliche Getriebe hat man bis hierhin schon zerlegt. Teil 2 ermöglicht noch, den rechten Konus, den Antreiber und die Kupplung abzunehmen, aber meine Empfehlung lautet: Erstmal im bereits zerlegten Teil die Fehlersuche starten!
Bild 13: Die Kontermutter abschrauben;
Bild 14: Die Haltescheibe für den Schaltansteuerungs-fixierring abnehmen
Bild 15: Die Sperrscheibe mit innenliegender Dichtung herausruckeln
Bild 16: Da liegen die Sperrscheibe und die Dichtung auf dem Ritzel
Bild 17: Die Schalt-Zahnscheibe abnehmen. Sie hat auf beiden Seiten eine angeklebte Gummidichtung.
Bild 18: Der rechte Konus ist aufgeschlagen, sitzt aber nicht an einem Anschlag! Das Maß, wo er sitzen sollte, kann man an dieser Stelle gut messen. Bei meiner Nabe waren dies 8,5 mm.
Hat man das Spezialwerkzeug TL-S700, kann man hierauf verzichten.
Bild 19: Um den rechten Konus von der Achse schlagen zu können, legt man den Antreiber mit der linken Seite so auf den Schraubstock (oder eine vergleichbare Vorrichtung), dass die innenliegende Kupplung ungehindert nach unten rutschen kann...
Bild 20-1: ...steckt das Werkzeug TL-S701 in den Spalt zwischen Achse und Konus...
Bild 20-2: ...und schlägt mit vorsichtigen Hammerschlägen die Achse aus dem Konus.
Achtung, die Achse fällt dann heraus!
Bild 21: Dann kann man den rechten Konus abnehmen, ...
Bild 22: ...den Antreiber...
Bild 23: ...und die Feder A.
Bild 24: Um dann die Kupplung abzunehmen, zieht man sie ein wenig nach oben und muss sie dann etwas drehen, damit die zwei innenliegenden Nasen durch die entsprechenden Öffnungen in der Schaltmechanik hindurchpassen.
Bild 25: Die ganze zerlegte Nabe - in der oberen Reihe von links nach rechts die von der linken Seite abgenommenen Elemente, jeweils um 180° auf den Kopf gedreht, in der unteren Reihe, auch von links nach rechts, die von rechts aus abgenommenen Elemente.
In diesem Bild befindet sich die Kupplung noch auf der Achse.
Ich empfehle, die Nabe nicht weiter zu zerlegen, wenn dies nicht nötig ist!
Wenn man die Getriebeteile weiter zerlegt (also die Planetenradträger von den Sonnen- oder Hohlrädern trennt), muss man beim Zusammenbau sehr präzise die Planetenräder in die richtige Position drehen. Hierfür finden sich auf jedem Planetenrad sehr unscheinbare Markierungen.
Wenn man den Schaltmechanismus auf der Achse weiter zerlegen möchte, muss man an zwei Stellen kräftige Federn entspannen, die man beim Zusammenbau wieder einhängen muss. Dies ist eine Arbeit, an der man verzweifeln kann.
Teil 3: Fehlersuche
Hier kann eine starke Lupe manchmal sehr hilfreich sein!
Ölkontrolle: Wie sieht das abgelassene Öl aus, befinden sich metallische Partikel oder gar Teile darin?
Bild 26: Sind die Zähne der Kupplung in Ordnung? Auch die entsprechenden Gegenstücke auf der Unterseite der Getriebeeinheit 1 kontrollieren!
Mir wurde von einer teilweise zerbrochenen Feder A berichtet! (siehe Bild 23)
Auch hier im Bild das Sonnenrad 1, unterhalb von diesem befand sich laut einem weiteren Fehlerbericht eine zerbrochene Federspange (vergleiche auch Bild 24, wo das Sonnenrad von der anderen Seite zu sehen ist. Diese Fehlerstelle ist ohne weitere, hier nicht beschriebene Zerlegearbeiten nicht zu erreichen)
Bild 27: Sind die Schaltsperrklinken auf der Achse schön scharfkantig oder sehen sie irgendwie abgenutzt aus?
Bild 28: Die Gleitkupplungen genau kontrollieren: Sind ihre Blechteile irgendwo verbogen? Sind alle Walzen vorhanden? Die ganze Gleitkupplung muss sich gegen eine Federkraft ca. 1/20 Umdrehung locker drehen lassen (hierbei lockern sich die Walzen und lassen sich dann ein wenig nach innen drücken) und nach dem Loslassen zurückschnappen.
Bild 29: Sind die Kugellaufflächen akkurat glatt? Sind sie stark eingefahren? Die Nabe hat drei Haupt-Kugellager mit jeweils zwei Laufflächen.
Sind die Kugelhalter verbogen oder beschädigt?
Bild 30: Sind alle Dichtungen vorhanden und in Ordnung? Insbesondere die große Dichtungskappe hinter dem Ritzel ist anfällig, muss ja auch viel Dreck aushalten.
Bild 31-1: Die beiden Gleitfedern von Getriebe 3. Die äußere sitzt im Planetenradträger und ihre Nase ist in diesem Bild abgebrochen. Die innere sitzt auf dem Sonnenrad 4 und ihre Nase ist hier rechts neben dem Wattestäbchen zu sehen.
Bild 31-2: Zum Vergleich hier die beiden Gleitfedern in gutem Zustand. Die Nase der inneren Feder sieht man direkt neben dem Wattestäbchen, die Nase der äußeren Feder befindet sich ein Wenig rechts davon.
Bild 32: Sind alle Zahnräder unbeschädigt, haben sie sonstige Spuren? Drehen sie einwandfrei?
Die Planetenräder sollen ja angeblich alle nadelgelagert sein, ich habe das nicht überprüft, aber bei einem Verdacht sollte man auch diese ausbauen können.
Haben Sie weitere Fehler entdeckt? Wo und wie sucht man nach ihnen? Ich will sie gerne hier einfügen, schreiben Sie mir: mail at radambulanz punkt de
Teil 4: Montage
Die Achse mit der rechten Achsseite nach oben zeigend einspannen;
Die Kupplung mit der gezahnten Seite nach unten aufsetzen. Dies ist etwas tricky, die beiden Nasen müssen am Ende in den richtigen Aussparungen liegen;
die Feder A einsetzen;
den Antreiber aufsetzen;
Bild 33: den rechten Konus mit vorsichtigen Schlägen aufschlagen, bis er in genau der richtigen Position ist (siehe Bild 18: das richtige Maß wieder herstellen).
Hierfür kann man irgendein rundes Teil nehmen, was über das Achsende passt (im Bild die 15er Nuss aus dem Knarrenkasten). Werkzeug TL-S702 tut's natürlich auch.
Dann die Schalt-Zahnscheibe aufsetzen (vgl. Bild 17) - Punkte auf der Oberseite!
Bild 34-1: Die Sperrscheibe aufsetzen. Im Bild ist gut die Aussparung zwischen Achse und Sperrscheibe zu sehen, in die die Verdickung der Sperrscheibendichtung (siehe Bild 34-2) gehört.
Bild 34-2: Hier die Verdickung der Dichtung.
Kontermutter aufdrehen und festschrauben, rechte Seite fertig.
Getriebe umdrehen, das linke Achsende nach oben.
Zunächst den großen Kugelhalter auf die entsprechende Lauffläche auf dem Antreiber setzen: die glatte Seite nach unten.
Dann kommt Getriebeblock 1, Sonnenrad 2 und Getriebeblock 2. Zum Aufsetzen dieser Teile jeweils ein Wenig die Schaltansteuerung hin und her drehen, damit die Schaltsperrklinken sich aus dem Weg drücken.
Bild 35-1
Bild 35-2: Die Sonnenrad-Führungsscheibe einfädeln und in die richtige Aussparung einsetzen. Die eingeprägte "3" auf der Oberseite!
Den Getriebeblock 3 aufsetzen.
Bild 36: Die Planetenradträgerhaltescheibe aufsetzen und dabei die beiden Gleitfeder-Enden in das viereckige Loch einsetzen.
Diese mit dem Sprenging fixieren;
die Nabenhülse aufsetzen;
linken Konus aufschrauben und mit der Kontermutter in der richtigen Position fixieren. (vielleicht guugeln nach 'Konuslager korrekt einstellen'?)
Zuguterletzt auf der linken Seite die Bremsscheibe wieder aufschrauben oder die Abdeckkappe aufsetzen und
Bild 37: die große Dichtungskappe hinter dem Ritzel wieder aufschrauben. Achtung, weicher Kunststoff, nur kaum mehr als handfest ziehen! Linksgewinde!
Öl einfüllen nicht vergessen!
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